Ashtanga Yoga Anfangsmantra und Abschlussmantra

Traditionell beginnt jede Ashtanga Yoga Praxis mit dem Eröffnungsmantra und endet mit dem Abschlussmantra. Lerne Text, Übersetzung und Bedeutung dieser Ashtanga Yoga Mantras kennen.

Inhaltsverzeichnis

  1. Mantras im Ashtanga Yoga

  2. Was bedeutet om?

  3. Ashtanga Yoga Eröffnungsmantra

  4. Ashtanga Yoga Opening-Mantra Übersetzung

  5. Bedeutung und Interpretation des Ashtanga Yoga Opening Mantra

  6. ⁠Ashtanga Yoga Abschluss-Mantra Übersetzung

  7. Bedeutung und Interpretation des Ashtanga Yoga Abschluss Mantra (Mangala Mantra)

Ashtanga Yoga Opening Mantra in Sanskrit

Text, Übersetzung und Bedeutung der Ashtanga Yoga Mantras.

Mantras im Ashtanga Yoga

Die Chants zu Beginn und Ende jeder Praxis helfen uns, unseren Geist auf den gegenwärtigen Moment auszurichten. Das Eröffnungsmantra drückt Respekt für die Lehren und das transformative Potenzial der Praxis aus. Entsprechend der Hauptintention des Yoga, Leiden zu beenden und Freiheit zu erlangen, wünscht das Schlussmantra Frieden, Wohlstand und Glück für alle Wesen.

Jede Übersetzung von Sanskrit-Texten ist, wie alle Übersetzungen, aufgrund ihrer Abhängigkeit von kulturellen, philosophischen, religiösen, wissenschaftlichen und sprachlichen Kontexten, bis zu einem gewissen Grad notwendigerweise auch eine vom individuellen Hintergrund geprägte Interpretation.

Um die Übersetzungen und Bedeutungen der Ashtanga-Yoga-Mantras in ihren Feinheiten zu verstehen, wäre ein umfangreiches Studium des Sanskrit und der genannten Rahmenbedingungen sowie der Vergleich verschiedener Übersetzungen, der Editionsgeschichte und Kommentare unterschiedlicher Gelehrter notwendig.

Hier geben wir einen Teil dessen wieder, was wir von unseren LehrerInnen und im Selbststudium gelernt haben. Bitte bedenke, dass es unterschiedliche Schulen, redaktionelle Traditionen und Transkriptionen gibt, die fortwährend analysiert werden und immer Raum für weitere Perspektiven und Lernprozesse lassen.

Was bedeutet om?

ōṃ
Der Klang des Iśvara

Iśvara ist eine unvergängliche Form des reinen Bewusstseins, unabhängig von Ursache und Wirkung. Gemeinhin als Gott übersetzt, verwenden wir den Begriff Iśvara lieber im Sinne von reinem Bewusstsein. Während Gott traditionell als höchstes Wesen angesehen wird, hat das reine Bewusstsein keine spezifische Daseinsform. Stattdessen existiert es jenseits von Zeit, ist allgegenwärtig und unabhängig von der Welt, die wir mit unseren Sinnen wahrnehmen. In Patanjalis Yoga-Sutra 1.28 sagt Patanjali, dass ōṃ seine Bedeutung durch wiederholtes Chanten offenbare.

Patanjali’s Yoga Sutra

I.24
klēśa-karma-vipākāśayair aparāmṛṣṭaḥ puruṣa-viśēṣa īśvaraḥ
Iśvara ist eine distinkte, unvergängliche Form des reinen Bewusstseins, unabhängig von Ursache und Wirkung, ohne jegliche latente Eindrücke.

I.25
tatra niratiśayaṃ sarvajña-bījam
Ihre Unabhängigkeit macht dieses Bewusstsein zu einer unvergleichlichen Quelle der Allwissenheit.

I.26
sa ēṣa pūrvēṣāmapi guruḥ kālēnānavacchēdāt
Jenseits der Zeit existierend, war Iśvara auch das Ideal der weisen Vorfahren.

I.27
tasya vācakaḥ praṇavaḥ
Iśvara wird durch den Klang Om repräsentiert.

I.28
taj-japas tad-artha-bhāvanam
Wiederholung offenbart dessen Bedeutung.

Ashtanga Yoga Opening Mantra

ōṃ

vandē gurūṇāṃ caraṇāravindē
sandarśita-svātma-sukhāvabōdhē
niḥśrēyasē jāṅgalikāyamānē
saṃsāra-hālāhala-mōhaśāntyai

ābāhu puruṣākāraṃ
śaṅkha-cakrāsi-dhāriṇam
sahasra-śirasaṃ śvētaṃ
praṇamāmi patañjalim

ōṃ

Lehrer verschiedener Chanting-Traditionen nutzen verschiedene Arten von Aussprache und Intonation. Ein Beispiel ist unser Chant des Ashtanga Yoga Eröffnungsmantras, aufgenommen während unseres jährlichen Retreats in Italien.

Ashtanga Anfangsmantra – Solo Chanting mit Tom & Julia Austin (Aktiviere die Untertitel für Sanskrit-Text.)

Ashtanga Yoga Opening-Mantra: Übersetzung

Wir haben die Übersetzung des Ashtanga Yoga Eröffnungsmantras gemäß dem Sharath Yoga Zentrum in Mysore gewählt und vom Englischen ins Deutsche übersetzt. Die englische Variante ist innerhalb der Ashtanga Community verbreitet und anerkannt.

ōṃ

vande gurūṇāṁ caraṇāravinde
Ich verneige mich vor den Lotusfüßen des Gurus

sandarśita svātma sukhāvabodhe
Das erwachende Glück des eigenen, offenbarten Selbst,

niḥśreyase jāṅgalikāyamāne
Jenseits des Besseren, handelnd wie der Dschungelarzt,

saṁsāra hālāhala mohaśāntyai
Die Verblendung besänftigend, das Gift des Samsara. ​

ābāhu puruṣākāraṁ
Die Gestalt eines Mannes bis zu den Schultern annehmend,

śaṅkhacakrāsi dhāriṇam
Eine Muschel, einen Diskus und ein Schwert haltend,

sahasra śirasaṁ śvetaṁ
Tausend Köpfe weiß,

praṇamāmi patañjalim
Ich grüße Patanjali.

ōṃ

Bedeutung und Interpretation des Ashtanga Yoga Abschluss Mantra (Mangala Mantra)

vande gurūṇāṁ caraṇāravinde
Ich verneige mich vor den Lotusfüßen des Gurus

Die erste Strophe drückt Dankbarkeit für alle Lehrerenden aus, die die Lehren des Yoga weitergegeben haben.

vande - verneigen
gurūṇāṁ - Gurus / die Linie der Lehrenden
caraṇāravinde - Lotusfüße


sandarśita svātma sukhāvabodhe
Das erwachende Glück des eigenen, offenbarten Selbst,

Der zweite Vers erklärt, dass die Gurus, vor denen wir uns verneigen, uns unterstützen zu verstehen, dass Glück im Inneren jedes Wesens liegt und wir es nicht im Außen suchen müssen.

sandarśita - zeigen
svātma - eines jeden wahre Natur
sukhā - Glück
āvabodhe - Erwachen


niḥśreyase jāṅgalikāyamāne
Jenseits des Besseren, handelnd wie der Dschungelarzt,

Aufzuhören, das Glück in äußeren Objekten zu suchen, ist Voraussetzung, um Freiheit zu erfahren. Der Vergleich mit dem Dschungelarzt als jemandem, der von innen heraus Heilung schafft, unterstreicht, dass wir selbst alle Werkzeuge besitzen, um unser eigenes Glück zu entdecken.

niḥśreyase - Jenseits des Besseren
jāṅgalikāyamāne - Dschungelarzt


saṁsāra hālāhala mohaśāntyai
Die Verblendung besänftigend, das Gift des Samsara. ​

Um Zufriedenheit zu erfahren, müssen wir unsere Art, die Dinge zu betrachten verändern. Mit der Praxis des Yoga können wir die Konditionierung unseres Geistes entfernen und lernen, die Dinge so sehen, wie sie sind, statt durch den Filter unserer Erfahrung auf die Welt zu blicken.

saṁsāra - sich wiederholender Kreislauf / konditionierte Existenz
hālāhala - Gift
moha - Verblendung des Geistes
śāntyai - Schmerzlinderung


ābāhu puruṣākāraṁ
Die Gestalt eines Mannes bis zu den Schultern annehmend,

Einer dieser Gurus, die auch als „Vertreiber der Dunkelheit“ übersetzt werden, ist Pantajali. Er erklärt, wie wir alles in uns nutzen können, um Zufriedenheit und Freiheit statt Leiden zu erfahren. Pantajali wird im zweiten Teil des Ashtanga Yoga Eröffnungsmantras beschrieben und manifestiert sich von den Zehen bis zu den Schultern in Menschengestalt.

ābāhu - wenige
puruṣā - Menschen
akāraṁ - Erscheinung


śaṅkhacakrāsi dhāriṇam
Eine Muschel, einen Diskus und ein Schwert haltend,

In dieser Form hält er eine Muschel, einen Diskus und ein Schwert, die als Metaphern zu verstehen sind. Die typische indische Muschel, auf die hier Bezug genommen wird, ist weiß und hohl, Merkmale, die auf ihre Reinheit hinweisen, erzeugt den Klang ōṃ und wird in indischen religiösen Zeremonien verwendet. Im Zusammenhang mit dem Eröffnungsmantra steht sie für die Aufforderung zur Reinheit.

Der Diskus, oder das Rad der Zeit, steht für die Fähigkeit, die Konditionierungen und Verstrickungen im Geist zu lösen und zu entwirren, die wir in den vergangenen Leben gesammelt und geschaffen haben.

Das Schwert schließlich, als das stärkste Werkzeug, erlaubt uns ererbte und ursprüngliche Konditionierungen zu durchtrennen. Diese sind am schwierigsten loszulassen.

Zusammen sind Muschel, Diskus und Schwert unsere inneren Werkzeuge zur Auflösung der Verblendung.

śaṅkha - Muschel
cakrā - Diskus
āsi - Schwert
dhāriṇam - halten


sahasra śirasaṁ śvetaṁ
Tausend Köpfe weiß,

Pantanjali hat tausend weiße oder transparente Köpfe. Da Weiß (Licht) oder Transparenz die Farbe der Reinheit ist, repräsentiert Pantajalis Manifestation Reinheit und bringt Licht und Klarheit in den Geist des Praktizierenden. So wird das Loslassen von Ängsten und Sorgen möglich. Die Köpfe sind eine Metapher für die Komplexität und die verschiedenen Rollen eines jeden Menschen und seiner Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Gleichzeitig repräsentieren sie das umfassende Wissen der Yoga-Sutras.

sahasra - tausend
śirasaṁ - Köpfe
śvetaṁ - weiß


praṇamāmi patañjalim
Ich grüße Pantajali.

Die Schlussstrophe vervollständigt das Ashtanga Yoga Eröffnungsmantra, indem sie die Verbeugung vor Pantajali, als Repräsentant der Hingabe zur Reinheit, artikuliert.

praṇamāmi - verneigen
patañjalim - Patanjali

Ashtanga Yoga Abschlussmantra

ōṃ

svasti prajābhyaḥ paripālayantāṁ
nyāyena mārgeṇa mahīṁ mahīśāḥ
gobrāmaṇebhyaḥ śubhamastu nityaṁ
lokāḥ samastāḥ sukhino bhavantu

ōṃ śāntiḥ śāntiḥ śāntiḥ

Lehrer verschiedener Chanting-Traditionen nutzen verschiedene Arten von Aussprache und Intonation. Ein Beispiel ist unser Chant des Ashtanga Yoga Abschlussmantras, aufgenommen während unseres jährlichen Retreats in Italien.

Ashtanga Abschlussmantra – Solo Chanting mit Tom & Julia Austin (Aktiviere die Untertitel für Sanskrit-Text.)

⁠Ashtanga Yoga Abschluss-Mantra Übersetzung

Wie für das Opening-Mantra haben wir auch für das Ashtanga Closing Mantra eine Übersetzung in Übereinstimmung mit dem Sharath Yoga Centre in Mysore gewählt und vom Englischen ins Deutsche übersetzt.

ōṃ
Der Klang des reinen Bewusstseins

svasti prajābhyaḥ
Möge der Menschheit Gutes widerfahren.

paripālayantāṁ nyāyena mārgeṇa mahīṁ mahīśāḥ
Mögen die Machthaber der Erde in jeder Hinsicht schützen, indem sie den rechten Weg einschlagen.

gobrāmaṇebhyaḥ śubhamastu nityaṁ
Möge all jenen, die die Erde als heilig betrachten, Gutes widerfahren.

lokāḥ samastāḥ sukhino bhavantu
Mögen alle Welten glücklich sein.

ōṃ śāntiḥ śāntiḥ śāntiḥ
Om Frieden, Frieden, Frieden.

Bedeutung Ashtanga Yoga Abschlussmantra (Mangala Mantra) 

svasti prajābhyaḥ
Möge der Menschheit Gutes widerfahren.

Alternative Übersetzungen:
- Möge es allen Lebewesen gut gehen.
- Möge allen heiligen Lebewesen Erfolg widerfahren.

Das Ashtanga Yoga Closing Mantra ist ein uraltes Friedensgebet, das erstmals in der Rig Veda erwähnt wurde. Beginnend mit dem Wort „svasti“, das die Bedeutung von Wohlbefinden, Segen und Erfolg in sich vereint, wünscht es, dass dies allen Lebewesen zuteilwerden möge, um ihnen Sicherheit zu geben und ein Leben frei von Angst und Gefahr zu ermöglichen.

svasti - Wohlbefinden /Segen / Erfolg
prajā  - hervorbringen / ermöglichen / halten/ Saat / Subjekt / alle Lebewesen
abhyaḥ - frei von Angst und Gefahr/ sicher


paripālayantāṁ nyāyena mārgeṇa mahīṁ mahīśāḥ
Mögen die Machthaber der Erde in jeder Hinsicht schützen, indem sie den rechten Weg einschlagen.

Alternative Übersetzung:
- Mögen die großen Verantwortlichen die Erde beschützen, indem sie einen Weg der Rechtschaffenheit beschreiten.

Wohlhergehen und Sicherheit für die Erde und alle Lebewesen zu bewahren, liegt zu einem großen Teil in der Verantwortung der Persönlichkeiten, die Macht innehaben. Diese kann politischer, sozialer, finanzieller oder spiritueller Natur sein oder sich aus Weisheit und Bildung ergeben. Das Mangala-Mantra wünscht, dass die Machthaber diese Ressourcen nutzen, um nach Gerechtigkeit zu streben und die höchstmöglichen moralischen Standards einzuhalten.

„Rechtschaffenheit“ könnte auch religiös verstanden werden, als dem Weg Gottes zu folgen. Im Kontext der Yogapraxis könnte Rechtschaffenheit auch das Streben nach der Verbindung mit Isvara bedeuten.

paripālayantāṁ - beschützend / möge beschützt sein
nyāyena - Richter
mārgeṇa  - Pfad
mahīṁ - groß / große Welt
mahīśāḥ* - hoher Priester/ eines Volkes / Sonne / mächtig / einflussreich / kraftvoll
*mahīśin - nach einer Straße oder einem Pfad suchen


gobrāmaṇebhyaḥ śubhamastu nityaṁ
Möge Gutes entstehen für alle, denen die Erde heilig ist.

Das Mantra setzt sich fort mit dem Wunsch nach Frieden für die Religiösen und die einfachen Menschen, die respektvoll mit der Erde umgehen.

gobrāmaṇe - Brahmanen, Kühe, Menschen
abhyaḥ - frei von Angst und Gefahr / sicher
śubhamastu* - möge dort Wohlergehen sein
*śubham - Glück / Schicksal / Vermögen / Gutes
*mastu - so sei es / so muss es sein / so soll es sein
nityaṁ - ewig / konstant / unter allen Umständen


lokāḥ samastāḥ sukhino bhavantu
Mögen alle Welten glücklich sein.

Alternative Übersetzung:
- Mögen alle Lebewesen glücklich sein.

Hier wünscht das Ashtanga-Abschlussmantra allen Lebewesen Glück – unabhängig von Spezies, Ethnie, Geschlecht, Wertvorstellungen oder anderen Merkmalen.

lokāḥ - zum Nutzen/Vorteil der Welt
samastāḥ - völlig / gesamt / alle / das große Ganze / vereint
sukhino - freudvoll / angenehm / glücklich / zufrieden
bhavantu* - sie sollen
*bhav - göttlicher Zustand
*antu - Beschützer / Wächter


ōṃ śāntiḥ śāntiḥ śāntiḥ
Om Frieden, Frieden, Frieden.

Das Ashtanga Yoga Abschlussmantra schließt mit dem Wunsch nach universellem Frieden - ausgedrückt durch Om als Klang des Universums und der dreifachen Erwähnung von Shanti, Frieden.

Eine Erklärung des Klanges ōṃ, findest du weiter oben.

 

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